Lange mussten die E-TROPOLIS Fans auf die neue Ausgabe ihres Lieblingsfestivals warten: ursprünglich für September 2023 geplant, musste es leider verschoben werden. Und kehrte damit auf seinen angestammten Platz im Frühjahr zurück. Am 02.03.2024 war es dann endlich so weit – es wurde wieder „Bässer, Härter, Lauter“ auf dem E-TROPOLIS in der Turbinenhalle Oberhausen.
Die tanzwütigen Fans erwartete ein Programm aus 14 Bands auf zwei Bühnen. Damit dies an einem Tag machbar ist, ging es bereits Mittags los. Um 13 Uhr öffneten sich die Türen der Turbinenhalle. Es blieb eine Stunde, um sich Wertmarken zu besorgen, die erste Runde über die Händlermeile zu machen, das Bistro zu erkunden, das Angebot der Cookie-Bar zu bewundern und sich in Halle 1 einen guten Platz zu suchen.
Kurz vor 14 Uhr schließlich kam Moderator Jens Domgörgen auf die Bühne und eröffnete das diesjährige E-TROPOLIS.
Den Start ins Tanzprogramm legten STURM CAFE hin. Die Schweden, die bereits seit Anfang der 2000er im EBM-Bereich unterwegs sind, erwiesen sich als hervorragender Opener und legten ein 40-minütiges Aufwärm-Programm hin, dass die ersten Fans bereits ordentlich ins Schwitzen brachte.
Eine 20-minütige Pause musste reichen, um kurz durchzuschnaufen, bevor RROYCE loslegten. Seit nun 10 Jahren sind die Dortmunder auf der Bühne unterwegs und begeistern immer wieder nicht nur durch ihre Musik, sondern auch durch ihr sympathisches Auftreten. Sänger Casi interagierte nicht nur ständig mit dem Publikum, sondern auch mit seinen beiden Bandkollegen und verteilte das ein oder andere Küsschen. Am Ende des dritten Songs hielt es ihn dann auch nicht mehr auf der Bühne: Casi suchte den direkten Kontakt zu seinen Fans und umarmte gefühlt jeden einzelnen in der ersten Reihe. Auch für RROYCE war leider nach nur 40 Minuten Schluss.
Von jetzt hieß es hin und her laufen auf dem E-TROPOLIS, denn die Bühne in Halle 2 wurde eröffnet. Den Anfang machten OBERER TOTPUNKT aus Hamburg. Sängerin Bettina Bormann und Drummer Michael Krüger eröffneten ihr Set allein beim ersten Song. Nach und nach wurde es dann immer voller auf der kleineren der beiden Bühne. Musikalisch gesehen spalteten OBERER TOTPUNKT das Publikum ein wenig. Man muss schon mögen, was die Hamburger einem da entgegenwerfen. Für das E-TROPOLIS war der Mix aus Avantgarde, Elektro und Spoken Word etwas ungewohnt. Um es mal vorsichtig auszudrücken. Halle 2 war dennoch gut besucht und OBERER TOTPUNKT lieferten eine solide Show ab.
Das Kontrast-Programm zum Hamburger Avantgarde folgte auf der Mainstage mit Hamburger Synth Pop. SONO brachten wieder gewohntere Klänge in die Turbinenhalle und ließen die Fans das Tanzbein schwingen.
Mit ACCESSORY folge in Halle 2 ein Urgestein der Szene. Seit Mitte der 90er existiert die Chemnitzer Band bereits und weiß, wie sie ihre Fans in Bewegung bringt. Und so legte nicht nur Sänger Dirk Steyer ein Powerworkout auf der Bühne hin, sondern auch das Publikum davor. Da kam der eine oder andere schon an seine Konditionsgrenze.
Dabei war Kondition genau das, was einem heute nicht ausgehen durfte. Denn Schlag auf Schlag ging es weiter. In diesem Fall mit FuturePop-Aggrotech aus Dortmund. [:SITD:] spielten auf. Auch [:SITD:] haben sich die Bezeichnung „Urgestein der Szene“ verdient, denn wie ACCESSORY liefern auch die Dortmunder seit Mitte der 90er immer wieder grandioses Material ab. So langsam wurden auch die Spielzeiten länger, was [:SITD:] gnadenlos ausnutzte, so dass die Fans die Grenzen ihrer Tanz-und-Feier-Leistungsfähigkeit nicht nur austesten, sondern deutlich überschreiten mussten.
Dunkler wurde es in Halle 2. Nicht nur das Licht betreffend. Das Berliner Dark Electronic Duo von NNHMN brachten einen etwas anderen Sound auf das E-TROPOLIS und lieferten eine atmosphärische Show ab. Sängerin Lee Margot begeisterte nicht nur durch ihren hervorragenden Gesang, sondern auch durch ihre tänzerische Einlagen. Sofern man diese in Nebel und wenig Licht sehen konnte. Allerdings muss man durchaus eingestehen, dass diese Showgestaltung in Einklang mit der Musik stand. Und wenn man sich erstmal auf den Gesang von Lee eingelassen hatte, driftete man eh irgendwie in eine andere Welt ab.
Eine andere Welt fand man auch in Halle 1 vor. KITE wurden angekündigt. Die Synthpop-Band aus Schweden legt neue Maßstäbe, was eine atmosphärische Show angeht. Nicht nur die Musik begeistert regelmäßig, auch die Bühnenshow trifft immer wieder ins Schwarze. Was schon interessant ist, da man ja eigentlich nicht viel sieht. Nicklas Stenemo und Christian Berg wissen sich und ihr Equipment mit gut gesetzten Lichtreflexen hervorragend in Szene zu setzen.
Irgendwie anders ging es auch in Halle 2 weiter mit POTOCHKINE. Das Duo aus Frankreich brachte etwas erfrischend anderes auf das E-TROPOLIS. Paulines Gesangsumfang von zart zu kräftig, von klar zu schreiend und krächzend erzeugt eine Klanggewalt, die ihresgleichen sucht. Dass POTOCHKINE als Gesamtkonzept anzusehen sind, zeigte sich auch an der Performance von Hugo, der nicht die gesamte Zeit an seinem Pult stehen blieb, sondern auch durch seine tänzerische Einlagen begeisterte.
Ausgiebig getanzt werden durfte dann wieder in Halle 1. Johan van Roy enterte mit SUICIDE COMMANDO das Festival. Seit Mitte der 80er experimentiert der Belgier mit Musik. Und das ziemlich erfolgreich. Kein Wunder also, das SUICIDE COMMANDO auf den einschlägigen Festivals ein gern gesehener Gast ist. Johan weiß auch genau, wie er sein Publikum ankitzelt und suchte immer wieder den direkten Kontakt. Die Fans dankten es ihm mit einer 70minütigen Party.
Auch FROZEN PLASMA legten in Halle 2 eine Party hin. Das Electro-Pop-Projekt von Vasi Vallis besteht seit fast 20 Jahren und ist ein regelmäßiger Gast auf dem Festival. Der Musikschmied Vasi hält sich dabei eigentlich immer im eher dunklen Hintergrund, während Sänger Felix Marc für die Show zuständig ist.
Wo wir schon bei regelmäßigen Gästen sind: COVENANT dürfen da natürlich nicht fehlen. Der Co-Headliner auf der Mainstage läutete so langsam den Endspurt des Tages ein. Das Trio aus Schweden legte eine routinierte Show auf die Bühne hin, wie man es von ihnen kennt und liebt.
Und schließlich war es so weit: das Ende des E-TROPOLIS rückte unweigerlich näher. Die Timeline des Festivals ermöglichte es dabei, für beide Headliner die volle Show zu sehen. Den Anfang machte in Halle 2 NACHTMAHR.
In Halle 1 folgte das Finale mit NITZER EBB. Allerdings mit einer Änderung in der Besetzung. Sänger Douglas McCarthy fiel leider gesundheitsbedingt aus. Das hielt die Briten aber nicht davon ab, trotzdem auf die Bühne zu gehen. Bon Harris übernahm die Rolle des Frontmannes und füllte diese Rolle hervorragend aus. Nicht nur gesanglich, sondern auch showmäßig. Wer NITZER EBB nicht kennt (falls es so jemanden gibt), dem wäre nicht aufgefallen, dass da normalerweise jemand anderes vorne steht. Bon begeisterte als Frontmann die volle Halle 1 und forderte dem Publikum die letzten Konditionsreserven ab, bevor das Spektakel nach um 01:00 Uhr tatsächlich ein Ende nahm.
Das Warten auf das E-TROPOLIS 2024 hatte sich gelohnt. Das Festival bleibt sich treu und lässt seine Fans nahezu durchgängig tanzen. Hier und da gab es auch etwas erfrischend anderes, wie z.B. POTOCHKINE. Auch wenn das Festival nicht ausverkauft war, waren beide Hallen gut gefüllt. Was auch an den geringen Anteilen an Überschneidungen zwischen den Sets lag, so dass man das maximale Musikerlebnis rausholen konnte.
Und, nach jetzigem Stand, bleibt sich das E-TROPOLIS auch zeitlich treu: der Termin für 2025 liegt ebenfalls wieder im März. Am 22.03.2025 lädt das Festival wieder zum Tanzen ein. Bestätigt sind bereits HOCICO, CHROM und ALIENARE.
Text und Bilder: Nina Hermes