Wer sich am 27.04.2024 auf den Weg zur Turbinenhalle Oberhausen, der konnte sich auf großartiges freuen: BEYOND THE BLACK feierten das Finale ihrer „Dancing in the Dark“ Tour. Aber nicht nur Sängerin Jennifer Haben zeigte, das Metal mit Frontfrau die Massen mitziehen kann, auch Sängerin Jessie Williams vom Support ANKOR stellte dies beeindruckend unter Beweis.
In ihrer 10jährigen Bandgeschichte haben BEYOND THE BLACK eine beeindruckende Karriere hingelegt und landeten mit ihren letzten Alben immer wieder in den Top-10 in den Charts. Sie erreichen die Massen. Es war also kein Wunder, dass es in einigen Städten auf der Tour knapp wurde mit den Tickets. Davon war Oberhausen zwar noch etwas entfernt, aber man konnte mit einem nicht unerheblichen Publikums-Zustrom rechnen. Und das zeigte sich auch bereits eine Stunde vor Einlass, da bereits um 18 Uhr zahlreiche Fans vor den Toren standen.
Diese kamen in den Genuss eines typischen Turbinenhallen-Outdoor-Ereignisses: das Einweisen der Autos auf dem Parkplatz. Diverse Fahrer mussten zurückgepfiffen werden, da ihre offenbare rechts/links-Schwäche eine korrekte Befolgung der Anweisungen nicht erlaubte. Zusätzlich musste den wartenden Fans beigebracht werden, dass Warten auf dem Straßenbereich des Parkplatzes eher ungünstig sein könnte. Aber sowohl das Einweisen der Fahrzeuge als auch die Ordnung der Warteschlange verlief zügig und nahezu routiniert.
Um 19 Uhr ließ man dann alle hinein. Drinnen verteilte sich die einlaufende Masse in drei Ströme: der mittlere leitete direkt in die Halle, um die besten Plätze zu sichern. Der rechte endete in einer Knubbelei an Menschen am Merch-Stand, um zu shoppen. Der linke, zäh fließende, führte an das Glücksrad vom Rockradio BOB, um eins der vielen Geschenke zu ergattern. Eine Stunde hatte man Zeit, alles zu erledigen, was vor so einem Konzert zu erledigen ist (Getränke besorgen, Platz sichern, mental auf das bevorstehende einstimmen), dann wurde es dunkel.
Mit fünf Minuten Verspätung betraten um 20:05 Uhr ANKOR die Bühne. Oder bestürmten sie eher. Vom ersten Ton an zogen die Spanier (bzw. die Mischung aus britischer Sängerin, griechischer Drummerin und den spanischen Jungs an Gitarren und Bass) die Aufmerksam völlig auf sich. Entweder hing man an den Lippen von Sängerin Jessie, versuchte mit den Augen Gitarrist Fito bei seinen Sprints über die Bühne zu verfolgen oder verlor sich einen Moment im ruhigen Pokerface von Drummerin Eleni. Dass ANKOR auch beim Tour-Finale immer noch Spass und massenweise Spielfreude aufbringen konnten, zeigte sich deutlich an der Interaktion auf der Bühnen (wobei auch Eleni immer wieder Besuch an den Drums von einem anderen Band-Member bekam) und auch an der Interaktion mit dem Publikum. Immer wieder nahm sich Jessie Zeit für eine Ansage, was für einen Support eher ungewöhnlich. Normalerweise spielen die eher ihr Setlist ohne großartigen Zeitverlust durch. Nicht so ANKOR: Jessie nahm sich auch viel Zeit, allen an der Tour beteiligten und vor allem dem Publikum ausgiebig zu danken, die Band legte sogar eine Zugabe-Pause hin und investierte etwa 2 min, um Eleni ein beeindruckendes Drum-Solo zu ermöglichen, bei dem sie auch noch sehr schön lichttechnisch in Szene gesetzt wurde. Nicht nur showmäßig und auf der Sympathie-Skale überzeugten die Spanier, sondern auch musikalisch. Solide gespielter Alternativ-Metal gepaart mit der wundervollen Stimme von Jessie, die sowohl laut als auch zart sauber gesungen hat (was leider nicht in allen Teilen der Halle so wahrnehmbar war) ließen das Publikum stetig mitjubeln. Das Set von nur 10 Songs (inkl. Drum-Solo) war viel zu schnell nach 45 min vorbei und endete mit dem aktuellsten Output der Truppe „VENOM“. ANKOR dürfen gerne öfters bei uns vorbei schauen. Wer sie dieses Jahr noch einmal in Deutschland sehen möchte, muss nach Wacken fahren.
Holy Wolf – Stereo – Darkbeat – Ghosts – Walking Dead – Oblivion – Hill Valley – Drum Solo – Prisoner – Venom
Setlist ANKOR
Da ANKOR die fünf Minuten Verzögerung vom Beginn nach hinten verlängert hatte, verzögerte sich auch der Start des Haupt-Acts des Abends. Und es kamen noch weitere fünf Minuten hinzu. Die Wartezeit konnte man sich nur damit vertreiben zu raten, was sich wohl hinter dem Vorhang tat, der die Bühne während des Umbaus verhüllte. Wobei der dünne Stoff jetzt schon das ein oder andere durchblicken ließ. Um ca. 21:25 Uhr gingen schließlich (oder endlich!) die Lichter in der Halle aus und durch den Vorhang hindurch zeigten sich Schemen trommelnder Menschen vor blauen Leinwänden ab. Bei einigen machte sich kurzzeitig mal Verwirrung breit, als auf einmal Gejubel aufkam und die ersten Gesangstöne zu „Dancing in the Dark“ zu hören, aber niemand zu sehen war.
Denn Jennifer Haben hatte sich auf einer Second Stage im Publikum mit einer Trommel platziert und startete von dort das finale Konzert dieser Tour von BEYOND THE BLACK unter lautem Jubel ihrer Fans. Die vorderen Reihen mussten sich also ersteinmal umdrehen. Problemlos konnte Jennifer von den Security geleitet singend zur Bühne geleitet werden, von wo aus es dann, nach dem Fall des Vorhangs, richtig los ging. Mit „Hallelujah“ und „Songs of Love and Death“ folgten zwei weitere Kracher des insgesamt 19 Songs langen Sets. Aus Jennifers Gesicht war das Grinsen kaum wegzuwischen (außer, es wurde etwas ernster oder etwas lauter im Song) und das Publikum erwies sich als überaus textsicher. Auch beim vierten Song, „Not in Our Name“, der auf dieser Tour seine Live-Premiere feierte. Jennifer überzeugte, wie gewohnt, mit ihrem astreinen Gesang und der beneidenswerten Stimme. Da waren kaum Wackler zu hören, nicht mal bei den langgezogenen Tönen. Man kann ich der Szene von BEYOND THE BLACK halten, was man will: gesanglich und musikalisch ist kaum was auszusetzen. Und als würde Jennifer das eh nicht bei jedem Song unter Beweis stellen, gab es auch noch drei Lieder in Acoustic-Version zu bestaunen, bei denen ihre Stimme noch einmal besonders hervorgehoben wurde: zu „Wide Awake“, „Human / Out of the Ashes“ und „I remember Dying“. Zu diesen drei Songs ging es auch wieder auf die Second Stage. Wer, aus welchen Gründen auch immer, Zweifel am Live-Gesang gehabt haben sollte, der wurde dadurch eines besseren belehrt, dass Jennifer vor Lachen beim zweiten Song dieses Acoustic-Trios nämlich kurz mal aussetzen musste. Begleitet wurde sie auf der Second Stage von Gitarrist Chris. Während Gitarrist Tobias und Drummer Kai verkleidet als Band-Kollegen auf der Hauptbühne die Show imitierten. Etwas irritierend, zugegebenerweise, da so eine Acoustic-Version doch irgendwie etwas Besonderes hat, das durch diese Comedy-Einlage leicht kaputt gemacht wurde. Die Fans schien dies aber nicht zu stören. Auch nicht die Tatsache, dass Jennifer vom Großteil des Publikums während dieser drei Songs von hinten gesehen werden konnte. So eine Second Stage ist zwar schon nett, weil es den Kontakt zum Publikum stärkt. Aber man dreht einem Teil eben auch ständig den Rücken zu.
Zurück auf der Bühne hatte Jennifer einen leichten Outfit-Wechsel hingelegt und startete in die zweite Hälfte des Sets. Dabei waren weder Ermüdungserscheinungen auf noch vor der Bühne zu erkennen. Die nächsten Songs, u.a. „Beyond the Mirror“ und „Shine and Shade“, wurden stimmgewaltig mitgesungen, wobei Jennifers Stimme natürlich alle überragte. Auch hier war der Ton eigentlich hervorragend. Zumindest im vorderen Teil der Halle. Je weiter hinter man stand, desto blecherner wurde es und die kurzen Ansagen von Jennifer zwischendurch waren kaum ordentlich zu verstehen. Das tat der Freude beim Zuhören aber keinen Abbruch. Ein kurzer „Oh nein“-Moment kam bei den Fans erst auf als es hieß „Letzter Song“: zu „Lost in Forever“ wurden nochmal alle Kräfte mobilisiert, sowohl gesanglich, als auch jubelnd, klatschend, schreiend. Oder fast alle Kräfte. Denn eigentlich war ja klar: so ganz das Ende konnte es nicht sein. Und so kam es dann natürlich auch, dass nach einem kurzen von der Bühne verschwinden die Jungs wieder auftauchten. Jennifer hatte zum Start der finalen drei Songs, „Free Me“, schwarze Engelsflügel angelegt, die in der hervorragend abgestimmten Lichtshow noch einmal eine besondere Stimmung aufkommen ließen. Mit „Horizons“ und dem finalen „In the Shadows“ ging dann aber auch dieses letzte Konzert der Tour von BEYOND THE BLACK nach etwa 90 Minuten zu Ende.
Dancing in the Dark – Hallelujah – Songs of Love and Death – Not in our Name – Wounded Healer – Reincarnation – Heart of the Hurricane – Wide Awake (Acoustic) – Human / Out of the Ashes (Acoustic) – I remember Dying – Is there Anybody out there? – Beyond the Mirror – When Angels Fall – Marching On – Shine and Shade – Lost in Forever – Free Me – Horizons – In the Shadows
Setlist BEYOND THE BLACK
Es war ein interessanter Abend. Das Publikum war bunt gemischt. Vor allem die Altersklassen betreffend. Von Kindern bis ü50 war irgendwie alles vorhanden. ANKOR beeindruckend durchgehend und haben sicherlich einige neue Fans dazu gewonnen. BEYOND THE BLACK legten eine routinierte Show hin, wie sie von der Band zu erwarten war. Die Second Stage ist zwar eine nette Idee und verleiht einem Konzert etwas Besonderes, aber man sollte dann auch darauf achten, den hinter sich stehenden nicht die gesamte Zeit über den Rücken zuzukehren. Die Lichtshow war zwar optisch hervorragend, ließ aber auch keinen Zweifel daran, wer die Hauptperson bei der BEYOND THE BLACK ist. Aber auch das war in Ordnung. Alles in allem war es ein sehr schöner Abend. Die Fans waren selig, die Bands glücklich. Kann man wiederholen.
Bilder und Text: Nina Hermes