SALTATIO MORTIS sind bereits seit Anfang Juni auf ihrer Burgentour zur „Finsterwacht“ unterwegs und haben sich dafür die schönsten und eindrucksvollsten Locations ausgesucht. Schnell waren die ersten Konzerte ausverkauft und schnell war eine zusätzlicher Termin nachgeschoben worden: der Auftritt im Rahmen des Gießener Kultursommers auf dem Kloster Schiffenberg. Dieser Termin sticht aber nicht nur deswegen hervor, weil er zusätzlich dazu kam. Sondern auch, weil SALTATIO MORTIS am 27.08.2024 das einzige Mal auf der Tour Gäste dabei hatten. Als Opener stimmten MR. IRISH BASTARD die Fans auf den Abend ein, während man bei HÄMATOM einen Vorgeschmack darauf bekam, wie feurig es beim Headliner SALTATIO MORTIS werden könnte.
Wer noch nie (wie die Autorin) bei einem Konzert auf dem Kloster Schiffenberg war, der wurde schon bei der Anfahrt von der Organisation überrascht. Der Parkplatz direkt am Gelände ist kostenpflichtig und ein Platz muss vorab gebucht werden. Damit es auf der relativ engen Straße dorthin nicht zum Chaos kommt, wird bereits unten an einer Ampel kontrolliert, ob man ein Parkticket hat. Dabei ist man doch erst überrascht von dem ganzen Blaulicht an der Ampel.
Oben angekommen und am Einlass stehend geht es weiter mit der hervorragenden Organisation, denn per Lautsprecher-Durchsage wird vorab auf alles Wichtige Aufmerksam gemacht: Taschengröße, was darf mit rein, was nicht, wie läuft der Einlass ab und die wichtige Information dazu, dass den Abend über so viel Pyro abgefeuert werdeen würde, wie noch nie auf dem Kloster, weswegen man doch bitte auf das Crowdsurfing verzichten möge (Spoiler: da hat man sich, mit der ein oder anderen Ausnahme, auch dran gehalten. Damit es nach dem Einlass nicht zum Chaos an dem Tor zum eigentlichen Konzertbereich käme, ging ein Ordner voran und durfte keinesfalls überholt werden. Vor der Bühne gäbe es genügend Platz, da müsste niemand rennen. Und das stimmte auch. Nicht nur direkt vor der Bühne gab es genügend Platz, sondern ganz allgemein. Und von überall hatte man einen sehr guten Blick. Und wer die Bühne nicht ganz sehen konnte, dem machten es die zusätzlichen Leinwände trotzdem möglich, nichts zu verpassen.
Vor dem Einlass gab es schon einen Getränkestand und die Garderobe, vor dem Tor zum Bühnengelände dann den Merch-Stand und auf dem Gelände selbst eine große Auswahl an Essens- und Getränkeständen. Die Bühne steht direkt vor dem Klostergebäude, was dem ganzen einen überaus malerischen Anstrich gibt. Vor allem, wenn das Gebäude dann im Dunkeln auch noch beleuchtet ist und dadurch die Bühne nochmal in eine besondere Atmosphäre taucht.
Aber nicht nur die Organisation vor Ort und das Gelände machten diesen Konzertabend zu einem besonderen Fest, sondern natürlich auch die Bands.
In den Abend hinein führten MR. IRISH BASTARD. Die Irish-Folk-Punk Band aus dem beschaulichen Münster brachte irisches Lebensgefühl, oder das, was man dafür halten kann, ins Kloster. Da wurde es nicht nur in den Liedtexten etwas alkohollastig, sondern auch auf der Bühne in Form des ein oder anderen Glases Pfeffi. Es dauerte gefühlt nur wenige Sekunde, bis die lockere Bühnenstimmung das gesamte Publikum eingenommen hatte und die Party tatsächlich richtig losging. Songs wie „All my friends are idiots“ und „We are the drunk“ fordern aber auch regelrecht zum feiern auf und lassen sich direkt, auch wenn man sie vorher noch nicht kannte, mitsingen. MR. IRISH BASTARD hatten sichtlich selbst ziemlich viel Spass. Auch wenn nicht jeder Witz vom Frontmann direkt zündete. Was aber wohl am noch nicht sehr weit gestiegenden Pegel beim Publikum lag. Denn laut eigener Aussage verstünden sich MR. IRISH BASTARD am besten mit den bereits betrunken Menschen. Es war eine Show mit viel Augenzwinkerei. Vor allem zum Schluss, als vor dem letzten Song das Abschlussbild gemacht werden sollte. MR. IRISH BARSTAD bat nämlich darum, dieses etwas anders normal zu tun. Denn da niemand den Anwesenden diese 45 min ihres Lebens zurück gäbe, solle man doch bitte total traurig gucken. Tat natürlich niemand. Im Gegenteil. Denn nicht nur MR. IRISH BASTARD hatten Spass als Opener, auch das Publikum hatte Freude an ihnen. Well done, kann man da nur sagen.
Well done hieß es dann auch bei der nächsten Band. Nicht nur, weil HÄMATOM eine wahnsinnig tolle Show ablieferte. Sondern auch, weil sie einen Vorgeschmack auf sie Anzahl Pyros lieferten, die im Laufe des Abends noch abgefeuert werden könnten und das Publikum teilweise fast brutzelte. Aber alles fing an mit T-Rex. Der Einheiz-Dino sorgte in Windeseile dafür, dass sich eine eventuell eingeschlichene Müdigkeit während der Umbaupause verzog und die Stimmung wieder dahin zurück kehrte, wo MR. IRISH BASTARD sie hingebracht hatte: auf einen Hochpunkt. Und so war das Publikum wieder hellwach, als der Vorhang fiel und Nord, Ost, Süd und Rose dem Publikum ihr Set entgegen donnerten. Und natürlich West, dem ein Auftritt im Kloster sicherlich gefallen hätte, wie Nord verlauten ließ. Ihre einstündige Bühnenzeit nutzten HÄMATOM bestens aus und hatten dabei die volle stimmliche Unterstützung des Publikums: nahezu jedes Lied wurde textsicher mitgesungen. Ob „Diego Maradona“ mit Rose im Circle Pit, „Lichterloh“ mit einem Lichtermeer aus Taschenlampen und einem funkensprühenden Nord, „Wird sind keine Band“ oder dem Abschluss „Es regnet Bier“. Die Fans waren mit aller Kraft dabei. Und nicht wenige noch-nicht-Fans drehten sich am Ende zu ihren Freunden um und meinte „Was eine geile Show, die sind ja richtig gut“. Da dürfte die Freak-Gemeinde ein paar neue Mitglieder bekommen.
Und dann wurde es heiß. HÄMATOM hatten pyrotechnisch zwar schon gut vorgelegt. Aber was wirklich an dieser Location möglich ist, wenn keine Waldbrandgefahr herrscht und man alles abfeuern kann, was geht, zeigte der Headliner SALTATIO MORTIS. Und auch, was es heißt, eine von vorne bis hinten durchgeplante Show auf die Bühne zu legen.
Es wurde dunkel. Nur diverse in die Höhe gehaltene Handydisplays erleuchteten das Gelände. Dann erklang das Intro zur „Finsterwacht“ bevor SALTATIO MORTIS dem Publikum den gleichnamigen Song entgegendonnerten. Was folgte, war eine zweistündige Show voller Höhepunkte, Feuer, Geschichte und Überraschungen. Und dem Leitmotiv „Wo sind eure Hände?“. Mit „Schwarzer Strand“, „Odins Raben“ und „Der Himmel muss warten“ heizten SALTATIO MORTIS die Fans weiter an um anschließend „Eulenspiegel“ anzustimmen. Doch dann knisterte das Mikro plötzlich, Verwirrung auf der Bühne, ein lauter Knall und – Dunkelheit. Ein Banner hing schief, auf der Bühne ging nichts mehr. Alea zückte eine Megaphon, in den hinteren Reihen hörte man etwas von technischen Störungen. Aber sie hätten einen Notfallplan. Und schon zogen die Mannen bewaffnet mit Trommel und Dudelsäcken durch das Publikum zum „Palästinalied“ auf die andere Seite des Geländes, wo zufällig die B-Stage stand. Back to the roots könnte man sagen, denn es gab ein paar Songs („Was wollen wir trinken“, „Drunken Sailor“ und „My mother told me“) in der Akustik-Version. Back to the roots hieß aber auch, dass es früher ja, zumindest laut Alea, nach jedem Song ein Bier für jedes Bandmitglied gegeben hätte. Eigentlich wollten sie dem Publikum ein Lied Zeit geben, um zu schauen, ob das auch in Gießen klappte. Und wahrscheinlich hatten SALTATIO MORTIS nicht damit gerechnet, dass da plötzlich eine Bierladung stand, die eine ganze Kompanie versorgen würden. Da wurden einige Becher noch an das Publikum verteilt, bevor bis auf Alea (der „My mother told me“ allein auf der B-Stage anstimmte) alle zur Bühne zurück gingen. Alea selbst nahm sich noch etwas Zeit und lief anschließend allein auf nicht direktem Weg durch das Publikum zurück und die Geschichte ging auf der Bühne weiter mit u. a. „Pray to the Hunter“ und „We might be giants“. Bis dahin hatte es schon diverse Feuereinlagen gegeben. Doch jetzt, zu „Loki“, wurde alles abgefeuert. Denn es gab nicht nur die Pyros auf der Bühne, sondern auch an den Seiten aufgebaute feuerspuckende Säulen. Als die losgelassenen wurden, stieg die Temperatur auf dem Klostergelände direkt um etliche Grad an. Das überraschte nicht wenige Besucher und dem ein oder anderen kippte da durch mal kurz der Kreislauf weg. Gut, dass man zu „Heimdahl“ und „Aurelia“ kurz verschnaufen konnte. Wobei das Publikum bei „Aurelia“ eine wichtige Aufgabe bekam. Alea sei bei dem neuen Song nämlich noch nicht all zu textsicher und brauchte Unterstützung vom Publikum, die er nach einer Übungsrunde auch bekam. Irgendwie ging der Song plötzlich nahtlos in das „Thekenmädchen“ von Versengold über (eine wirklich passende Kombination) und es ist schwierig zu sagen, bei welchem Song das Publikum lauter mitsang. Wobei: „Mittelalter“ toppte das eh nochmal. Nun wurde es aber Zeit, die Checkliste des Show-1×1 abzuhaken. Springen war erledigt, Hände hoch, mitsingen, rundern … es fehlte noch: der Circle Pit. Und der wurde nicht nur von SALTATIO MORTIS dirigiert (es gab zwei große, mehrere kleine und den kleinsten in Form von zwei Rollstühlen) und Alea selbst stürzte sich mitten rein. Nach diesem schweißtreibenden Programm war es natürlich wichtig, wieder zu trocknen. Also wurden zu „Prometheus“ nochmal alle Pyro-Möglichkeiten ausgenutzt, die da waren. Bevor „Oh treues Herz“ das Set beendete. Also vorerst. Denn eine solche Show beendet man nicht ohne eine Zugabe. Diese bestand aus „Wo sind die Clowns?“, „Genug Getrunken“ und dem nun wirklich finalen „Spielmannsschwur“ bei dem nicht nur die Bühnentechnik nochmal alles aus sich rausholte, sondern auch Fans und SALTATIO MORTIS. Ein großer Abschluss für eine große Show in einer fantastischen Location.
Der Zusatztermin der Burgentour beim Gießener Kultursommer hatten wirklich alles zu bieten, was sich das Fan-Herz für ein Konzert wünscht. MR. IRISH BASTARD und HÄMATOM lieferten bereits hervorragende Shows. Doch SALTATIO MORTIS toppte dies nochmal um einiges. Und das auch, wenn bereits eine Show besucht hatte und von den Überraschungen nicht mehr ganz so überrascht war. Aber das Konzept der Burgentour ist so wunderbar durchorganisiert, dass man sich mehrfach gerne wieder überraschen lässt.
Doch nicht nur die Show von SALTATIO MORTIS überzeugte, sondern auch die Organisation vor Ort, die zur Abfahrt genau so strukturiert war, wie zur Ankunft. Bei Verlassen des Geländes wurde man per Lautsprecher eingewiesen, wo es zum Fußgänger-Weg ging, wo zu den Parkplätzen und wo zum Shuttle. Wobei man für letzteres eigentlich keine Hilfe brauchte, denn die Warteschlange war so massiv, dass sie unübersehbar war. Die Securities, Einweiser und Helfer waren jederzeit ansprechbar und hilfsbereit, vom Beginn des Abends bis zu seinem Abschluss. Es ist dieser Autorin aber schleierhaft, wie man diese Massen an Menschen mit den Shuttles innerhalb von einer Stunde zu den P&R-Plätzen bringen kann. Doch es funktioniert. Und so ging dieser ereignisreiche Abend ruhig und geordnet zu Ende.
Text und Bilder: Nina Hermes