„Eigentlich werden wir doch immer irgendwie nass“, meinte Michael Bohnes bei der Begrüßung der Fans vom CASTLE ROCK FESTIVAL in Mühlheim an der Ruhr vom 05.-06.07.2024. Ob man sich nun zu Tode schwitze, deswegen von Michael mit dem Wasserschlauch abgekühlt würde oder ob man nass wird, weil es nicht aufhören mag zu regnen – ein bisschen nass ist immer. Dieses Jahr war es wechselhaft in Form von sehr viel Regen am Freitag und deutlich besserem Wetter am Samstag (mit nur kurzen Regenschauern). Aber egal, welche Form von Nass: die Fans bleiben ihrem Festival treu und so trieb es auch dieses Jahr die Freunde des Rock zum CASTLE ROCK FESTIVAL.
Freitag, 05.07.2024
Das Freitagsprogramm begann mit dem Einlass um 15 Uhr. Bereits in der Warteschlange machte sich das Familientreffen-Gefühl breit. Dem außenstehenden Zuschauer kam es zumindest so vor, als würde jeder jeden kennen. Ständig hallte ein „Oh, Hallo, endlich wieder“ nach dem anderen durch die Gegend. Der Innenhof von Schloss Broich fühlte sich von Minute zu Minute und so konnte auch die erste Band des CASTLE ROCK FESTIVALS auf ein großes Publikum schauen.
Eröffnet wurde das Festival von STILL PATIENT?. Der Dark Rock der Jungs kam beim Publikum sehr gut an, das sich trotz Regen warm feierte. Sänger Andy Koa, die Gittaristen M*Beck und Pogue-o und Bassis Guido animierten das Publikum zusätzlich noch, während Keyboarder Wolfgang im Hintergrund dem ganzen einen atmosphärischen Klang verlieh. Ein gelungener Opener, der das CASTLE ROCK FESTIVAL solide einleitete.
STILL PATIENT? hatte ihr Set zwar etwas zu früh beendet, dafür kam es ab jetzt aber zu Verzögerungen, die sich bis zum Ende immer weiter erhöhte. Umbau und Check für die zweite Band des Tages dauerten nämlich leider etwas länger, so dass BÖSE FUCHS mit 10 min Verspätung auf die Bühne kamen.
Die Band um Multitalent Valy Ereth begeisterte vom ersten Ton an. Valy selbst überzeugte an verschiedenen Instrumenten und mit dem Begleitgesang zu Kate Khaiauri, die selbst ebenfalls mit starker Stimme und sympathischer Ausstrahlung das Publikum um den Finger wickelte. Dazu noch kamen noch Max Nash an Gitarre und Gesang und weitere Unterstützung an Bass und Schlagzeug. Nicht nur auf der Bühne wurde intensiv miteinander interagiert, auch das Publikum von Valy und Kate immer wieder angeheizt. Und mit ein bisschen Feuer auf der Bühne. Kraftvoll und energiegeladen zogen BÖSE FUCHS ihr mitreißendes Programm durch, das vom Publikum gefeiert wurde. Da störten auch die 10 min Verzögerung nicht, die dann eben auch hintenraus dazu kamen.
Und es kamen noch weitere Minuten hinzu, denn vor der nächsten Band kam Michael Bohnes persönlich auf die Bühne, um zum einen das Publikum zu begrüßen und zum anderen die folgenden Bands anzukündigen. Auch SKILTRON, die als nächstes kamen. Mit nun etwa 15 min Verzögerung.
Der Name der Folk Metal Band stammt von einer Kampfformation der Schotten, die Band tritt im Schottenrock auf und mutet auch noch schottisch an, stammt aber aus dem beschaulichen Buenos Aires. Würde man es nicht nachlesen können, hätte man es nicht bemerkt. Bereits seit 2004 machen die Argentinier auf sich Aufmerksam und begeistern immer wieder durch ihre Mischung keltischer Melodien und kräftigem Metal. Dazu ist der Band der Spass auf der Bühne deutlich anzusehen, was sich nahtlos auf das Publikum übertrug. Auch SKILTRON zogen ihr Set durch und hängten die Verspätung vom Beginn hinten dran.
Was durchaus ein Nachteil war. Denn nun folgte ein etwas aufwendigerer Umbau. VISIONS OF ATLANTIS hatten ein Piratenschiff dabei. Und das musste nunmal auf die Bühne, so dass am Ende 30 min Verzögerung im Zeitplan zu verbuchen waren. Dem Publikum war das eigentlich egal, Hauptsache die Formation um Clementine Delauney und Michele Guaitoli spielte auf. Und das passend zum Schiff im Piratenoutfit. Der Symphonic Metal der Österreicher begeistert nicht nur durch den kräftigen Sound. Es ist vor allem das Zusammenspiel zwischen Clementine und Michele, das in den Bann zieht. Die Harmonie nicht nur zwischen den Stimmen, sondern auch zwischen den Personen haben etwas magisches, dem man sich nicht entziehen kann. Und so machten auch nahezu alle beim Mitmach-Programm mit: rudern, singen, springen wurden von Clementine verlangt und von den Fans geliefert. Die perfekte Stimmungsgrundlage, um den ersten Tag mit dem folgenden Headliner zu beenden.
Und das war niemand geringeres als Szene-Größe ORDEN OGAN. Die Power Metaller feierten an diesem Tag einen Double Release: zum Einen war es der Geburtstag von Gitarrist Niels, der vom Publikum dann auch ein Ständchen bekam. Zum Zweiten war es der Release-Tag vom neuen Album „The Order of Fear“. Im Set von ORDEN OGAN fanden sich daher nicht nur Klassiker wie „Gunmen“, sondern auch Songs vom neuen Album. Das die Mannen um Sänger Seeb über eine nicht unerhebliche Bühnenerfahrung verfügten, zeigte sich in ihrer unbestreitbaren Präsenz. Seeb selbst musste nicht viel tun, um Jubel von den Fans einzufordern. Und die feierten mit ORDEN OGAN zusammen lautstark und kräftig das Ende des ersten, überaus gelungenen Festival-Tages.
Und der nächste Tag lockte mit einem nicht weniger spannenden Line-Up, als der Freitag. Blieb nur zu hoffen, dass das Wetter mitspielte.
Samstag, 06.07.2024
Der zweite Tag des CASTLE ROCK FESTIVALS war vollgepackt mit Musik: insgesamt acht Bands hielt das Line-Up bereit. Darunter den Premieren-Auftritt vom neuen Sänger Timm bei UNZUCHT und das große Finale mit SUBWAY TO SALLY.
Los ging es aber erstmal zu Mittag mit ANOTHER TALE. Das Aufweck-Programm der Gothic Rocker traf bereits auf zahlreiche Ohren, der Innenhof des Schlosses war schon gut gefüllt. Und das Publikum hoch motiviert. Die Band um Sänger Cowboy tat aber auch einiges dafür, die Laune der Fans anzuheizen und die vom Vortag noch müden Körper in Bewegung zu bringen. Nach dem 35-minütigen Set von ANOTHER TALE war man auf jeden Fall fit für den Rest des Tages.
Und der ging weiter mit der Berliner Band KAIZER. Die 2016 gegründete Band der Musiker Anna-Maria, Alex, Mickie, TC und Tommy konnte mit ihrem 2021 erschienen Album „Leidwerk“ bereits die alternativen Charts erobern, dieses Jahr warten die Berliner mit einem neuen Machwerk auf. Auf dem CASTLE ROCK FESTIVAL begeisterten sie die Besucher aber erstmal mit ihrem Mix aus Sanft und Kraftvoll. Und hatten auch ein bisschen Spielzeug in Form eines Flammenwerfers und brennenden Sticks am Schlagzeug dabei.
Danach wurde es etwas kurios. Sein angebliches Ansagen-Tourette stellte Sänger Andy Brings von DOUBLE CRUSH SYNDROME eindrucksvoll mit jeder einzelnen Ansage unter Beweis. Was immer wieder für diverse Lacher im Publikum sorgte. Auch die regelmäßigen verbalen Kabbeleien zwischen Andy und Bassist Slick hoben die Stimmung extrem an. Und dann gab es zu Beginn auch noch diesen süßen Moment, als Andy nach seiner Mutter Ausschau hielt, die ebenfalls im Publikum war. Bei einem Familien-Fest in Mülheim darf die Familie ja nicht fehlen. Wenn man selbst schon in Mülheim wohnt und, wie Andy mitteilte, nur 10 min Fußweg zum Gelände hatte. Nicht nur persönlich überzeugten, auch musikalisch hatten die Rocker einiges zu bieten und begeisterten auf ganzer Linie.
Auf soliden Rock folgte Modern Metal von LEAGUE OF DISTORTION. Die Band um Sängerin Anna Brunner hatte sich in der Corona-Zeit gegründet. Nicht unbedingt die beste Zeit, um eine neue Band an den Start zu bringen. Könnte man meinen. LEAGUE OF DISTORTION haben das aber genutzt, um eine beeindruckendes musikalisches Set zusammen zu stellen. Dieses Jahr gehen die Neulinge bereits auf eigene Headliner-Tour. Wobei sich das Neulinge nur auf die Band an sich bezieht. Die einzelnen Mitglieder weisen bereits einiges an Bühnenerfahrung auf. So kennt man Sängerin Anna von Exit Eden und Gitarrist Jim Müller von Kissin’ Dynamite. Mit LEAGUE OF DISTORTION haben sie ein interessantes Projekt am Start, das man kraftvollen Tönen, spannendem Gesang und einer beeindruckenden Show aufwartet. Der Auftritt beim CASTLE ROCK FESTIVAL hat die Besucher auf jeden Fall neugierig auf mehr gemacht.
Etwas länger in der Musikwelt unterwegs sind A LIFE DIVIDED. Die Dark-/Synth-Rocker um Sänger Jürgen Plangger stellten unter anderem ihr neues Album „Down the spiral of a soul“ vor, hatten aber auch viele ihre Klassiker im Gepäck.
Und dann folgte ein Highlight unter den zahlreichen Highlights des CASTLE ROCK FESTIVALS: die Premiere vom neuen Sänger Timm Hindorff bei der UNZUCHT. Allerdings war von „neu“ überhaupt nichts zu merken. Im Gegenteil. Es wirkte, als wäre Timm schon immer Teil der Band gewesen. Sowohl gesanglich, als auch persönlich und in der Interaktion mit Band und Publikum überzeugte er vom ersten Momemt an und beseitigte jede Zweifel daran, wie es mit UNZUCHT nach dem Ausstieg von Der Schulz weiter gehen könnte. Mit Spannung ist darauf zu warten, was die neue Konstellation in Zukunft bewerkstelligen wird. Timm hat auf jeden Fall die Herzen der Fans im Sturm erobert.
So langsam neigte sich das CASTLE ROCK FESTIVAL dem Ende entgegen. Der Co-Headliner des Tages und damit die zweitletzte Band des Wochenendes betrat die Bühne: GOTHMINISTER. Die Norweger um Sänger Bjørn Alexander Brem brachten ihren ganz eigenen Flair auf die Bühne. Weiß geschminkte Gesichter, Rüschenhemd und theatralische Bewegungen verleihen den Auftritten von GOTHMINISTER etwas besonderes, dass allerdings im Tageslicht auf Schloss Broich nicht vollends zur Geltung kam. Was aber der beeindruckenden Performance kaum schadete.
Und dann war es so weit. Letzte Band. Letztes Set. Die letzten Momente dieses wunderbaren kleinen Festivals. SUBWAY TO SALLY betraten die Bühne und reizten ein letztes Mal aus, was an Energie, Kraft und Spass im Publikum noch vorhanden war. Und das mobilisierte auch seine letzten Kräfte und brachte das Schloss zum Beben. Lautstark wurden die beliebten Songs mit Mittelalter-Rocker mitgesungen. Das Set bot zwar wenig Überraschungen, aber die braucht SUBWAY TO SALLY auch nicht. Die Performance auf der Bühne begeistert immer wieder, die Songs wirken auch nach Jahren (und sie hatten wirklich altes Material dabei). Natürlich gab es auch das ein oder andere neue Stück, das zur letztjährigen EISHEILIGEN NACHT vorgestellt wurde. Die Fans kannten jedes Wort. Und machten alles mit. Und nahmen Eric freudig in den Circle Pit auf, der zwischenzeitlich von SUBWAY TO SALLY dirigiert wurde. Und die Band genoss es einfach. So sehr, dass man sich auch die obligatorische Anheiz-Pause gönnte. Denn nach etwa zweidrittel des Sets verließ die Band die Bühne, um sich unter einzelnen „Zugabe“-Rufen und den deutlich lauteren Tönen von „Räuber“ wieder auf die Bühne zu bitten. Es folgten 20 weitere grandiose und feurige Minuten im Set, bevor pünktlich um 22 Uhr Schluss war. Aber Moment. Etwas fehlte. Und das fiel den Fans sofort auf. Der Klassiker überhaupt war nicht gespielt worden. Aber konnte das sein? Verließ SUBWAY TO SALLY wirklich die Bühne, ohne auch nur ein einziges Mal „Räuber“ gespielt zu haben? Natürlich nicht. Selbstverständlich kamen sie ein letztes Mal auf die Bühne und verabschiedeten sich mit diesem heißgeliebten Song von ihren Fans und von dem Festival. Und die Fans verabschiedeten sich ebenfalls lautstark.
Und so ging es zu Ende. Dieses Familienfest namens CASTLE ROCK FESTIVAL. Es war, trotz des wechselhaften Wetters, wieder ein wunderbares Wochenende voller guter Musik und lieber Menschen in der beeindruckenden Kulisse des Schlosses Broich. Und auch wenn man ein wenig traurig das Festival-Gelände verließ, so konnte man sich auch freuen. Denn draußen kündigten Plakate bereits das Festival 2025 an. Bereits bestätigt sind LACRIMAS PROFUNDERE, WARKINGS, LEAVES EYES, SOULBOUND, OST+FRONT und MOTEL TRANSYLVANIA sind bereits bestätigt. Also: erstes Juli-Wochenende 2025 frei halten. Tickets sind ab dem 30. August erhältlich.
Galerie VISIONS OF ATLANTIS auf flickr (Fotos: Yvonne Otte)
Fotos: Nina Hermes und Yvonne Otte
Text: Nina Hermes